Zehn nationale Brauverbände gründen die „Independent Brewers of Europe“

Eine neue starke Stimme für die unabhängige Braukultur

Es könnte der Anfang einer neuen Ära der Bierkultur sein: Europas unabhängige Brauereien stehen auf gegen die Marktmacht der globalen Bierindustrie. Dem Trend zum internationalen Einheitsgeschmack setzen sie ein bewusstes Bekenntnis zur Vielfalt und zur regionalen Braukultur entgegen. Die neu gegründete Gruppe „Independent Brewers of Europe“ (IBE) versteht sich als europaweite Interessensgemeinschaft der unabhängigen Brauereien. IBE tritt gegen Missstände auf dem Biermarkt an. Es geht darum, die Vielfalt der handwerklich gebrauten Bierspezialitäten zu verteidigen und ihnen eine ausreichende Marktpräsenz zu sichern, damit Bierliebhaberinnen und Bierliebhaber auch in Zukunft ungehinderten Zugang zu echten, regionalen Bierspezialitäten finden.

Die „Independent Brewers of Europe“ bestehen aus nationalen Verbänden von unabhängigen Brauereien. Vom Start weg dabei sind Vereinigungen aus Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweiz, Tschechien und dem Vereinigten Königreich. Gemeinsam wollen sie ihre Kräfte bündeln und ein Gegengewicht gegen das immer weitere Vordringen der Bier-Multis in Europa bilden. „Wir wollen über die Grenzen hinweg kooperieren“, beschreibt Hubert Stöhr von den Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs und Sprecher der IBE, die Gründungsidee: „Wir haben ein gemeinsames großes Ziel. Wir wollen die autochthon gewachsene Bierkultur in all ihrer Diversität beschützen und ihre Weiterentwicklung ermöglichen.“

Das Ziel: Gemeinsam den Wandel vorantreiben

Es geht um viel. Europa verfügt über eine reiche Bierkultur. Im Laufe der Jahrhunderte, aber auch mit der Craftbier-Bewegung der vergangenen Jahre, haben sich von Irland bis Polen und von Norwegen bis Spanien regionale Brautraditionen entwickelt, die zum gemeinsamen kulturellen Erbe Europas gehören. Dieses Erbe ist in Gefahr, denn der Markt wird zunehmend von wenigen internationalen Großbrauereien dominiert. Diese weltweit agierenden Konzerne richten ihre Produktion konsequent nach dem Massengeschmack aus.

Wer so viel Bier braut und verkauft, kann sich nicht um Spezialitäten kümmern. Mit steigender Marktkonzentration sinkt die Vielfalt, darüber hinaus tobt in den meisten europäischen Ländern ein gnadenloser Preiskampf. So kann es nicht weitergehen. Die „Independent Brewers of Europe“ wollen dieser Abwärtsspirale entgegenwirken.

Sie wollen sich für mehr Vielfalt und Wahlfreiheit einsetzen. Sie wollen sich gegenseitig unterstützen und für eine bessere Sichtbarkeit der unabhängigen Brauereien sorgen. Ziel ist es nicht, gegen die Global Players zu kämpfen, sondern mit ihnen auf sportliche und faire Weise zu konkurrieren, so dass die Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit haben, unter mehr geschmackvollen Produkten auf dem Markt zu wählen.

Wer sind die „Independent Brewers of Europe“?

Die Independent Brewers of Europesind ein Zusammenschluss von nationalen Verbänden unabhängiger Brauereien. Den Startschuss geben folgende Verbände:

Deutschland: Private Brauereien

Finnland: Pienpanimoliitto

Frankreich: Syndicat National des Brasseries Indépendantes (SNBi)

United Kingdom: Society of Independent Brewers and Associates (SIBA)

Italien: Unionbirrai

Niederlande: craftbrouwers.nl

Österreich: Unabhängige Privatbrauereien Österreichs

Polen: Polish Craft Brewers Association (PSBR)

Schweiz: Die freien Schweizer Brauereien

Tschechien: Czech and Moravian Microbreweries Association

Die Gruppe möchte wachsen, es laufen bereits Gespräche mit weiteren Ländern in Europa. Unabhängigen Brauverbänden, denen der Erhalt der regionalen Bierkultur ein Anliegen ist, sind ausdrücklich eingeladen, unter office@independent-brewers.com Kontakt aufzunehmen.

Gegen den Verfall der Braukultur

So unterschiedlich die nationalen Märkte auch sind – überall sind die „Unabhängigen“ mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert:

  • Unfaire Marktpraktiken: Internationale Bier-Konzerne beliefern in Frankreich die Gastronomie mit speziellen Gebinden, die mit den Fässern der Privatbrauereien nicht kompatibel sind. Gastronomiebetriebe, die eine der großen Biermarken führen, können damit von Privatbrauereien nicht mehr beliefert werden. Somit wird ihnen der Zugang zum Markt unmöglich gemacht.
  • Vortäuschung von Regionalität: In Österreich bietet ein internationaler Konzern scheinbar regionale Marken an. Die Auftritte dieser Marken suggerieren österreichische Produkte, die aus unterschiedlichen Regionen stammen. In Wahrheit steht einer der weltgrößten Biermultis dahinter.
  • Gezielte Marktkonzentration: Internationale Braukonzerne kaufen regionale Brauereien auf und gliedern sie in ihre Konzernstruktur ein. Vom ursprünglich eigenständigen Bier bleibt dann bestenfalls eine Marke. Am Beispiel Deutschland: Wer kennt nicht Beck’s, Spaten, Löwenbräu oder Franziskaner? Doch das sind „nur“ mehr Namen und gehören allesamt dem größten Bierkonzern der Welt.
  • Dominantes Marketing: Bierwerbung ist ein Milliarden-Business. Jedes Jahr werden Unsummen in Kommunikation und Marketing gepumpt. Regionale Familienbrauereien können da nicht mithalten. So verlieren sie immer mehr an Sichtbarkeit, ihr Bekanntheitsgrad wird von den intensiven Marketingmaßnahmen der Bier-Multis überdeckt.
  • Preiskampf: Die Kostenvorteile der Konzerne durch Massenproduktion werden für einen harten Preiskampf genutzt, der vom Handel zumeist unterstützt wird. Private Brauereien verlieren kostbaren Regalmeter in den Supermärkten. In der ohnehin aktuell schwer gebeutelten Gastronomie erhält oftmals jene Biermarke den Zuschlag, die den besten Einkaufspreis bieten kann.

Für ein neues Qualitätsbewusstsein

Die europäische Braukultur in ihrer ganzen Vielfalt lässt sich nur erhalten, wenn auch die Konsumentinnen und Konsumenten mitziehen. Deshalb wollen die Mitglieder der Independent Brewers of Europeein neues Bewusstsein für Herkunft und regionale Traditionen schaffen. „Unsere Mitgliedsbetriebe respektieren die gewachsenen Traditionen ihrer Region. Sie fokussieren auf gute Rohstoffe und brauen mit Sorgfalt,“ so Stöhr. „Diesen Unterschied schmeckt man auch, wenn man darauf achtet“, ist Jos Oostendorp von den Independent Dutch Brewers in den Niederlanden überzeugt.

Stefan Stang vom deutschen Verband Private Brauereien, fügt hinzu: „Der Wert regionaler Brauereien bemisst sich nicht an der Zahl der produzierten Hektoliter, sondern an ihrem Engagement in Gemeinden, Vereinen und ehrenamtlichen Tätigkeiten. Dieses Engagement kennt keine Grenzen, deshalb freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten, unabhängigen Brauereien in Europa!“

Mit dem Zusammenschluss wollen sich die „Independent Brewers of Europe“ auch gegenseitig den Rücken stärken, um ihre Unabhängigkeit abzusichern. „Wir sind und bleiben unabhängig. Wir sind nicht käuflich. Wir sind eine wichtige Säule der europäischen Kultur und lassen uns nicht von der Landkarte wischen“, so Stöhr abschließend.

Quelle: Verband Private Brauereien Deutschland e.V.
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