Von der anpackenden und ‚machenden‘ Art von Handwerkerinnen und Handwerkern „darf sich die Politik ruhig mal eine Scheibe abschneiden“, sagt ZDH-Präsident Jörg Dittrich im Interview mit Julia Löhr („FAZ“) als „Klempner der Macht“-Reaktion.
Herr Dittrich, Friedrich Merz hat Olaf Scholz gestern im Bundestag scharf kritisiert. Der Kanzler sei ein „Klempner der Macht“. Wie kam das bei Ihnen an?
Ich stecke nicht im Kopf von Herrn Merz. Aber legen wir ihm mal wohlwollend aus, dass er das als Ansporn meint. Nämlich, dass die Bundesregierung genauso engagierte Arbeit und sichtbare Ergebnisse abliefern soll, wie das unsere Handwerkerinnen und Handwerker jeden Tag tun. Von denen darf sich die Politik ruhig mal eine Scheibe abschneiden: Nicht nur reden, sondern Probleme lösen und dann auch umsetzen. Die Politik sollte mangelfreie Produkte, sprich gute Gesetze und einen verfassungsgemäßen Haushalt, auf dem Lieferschein haben. Das gilt zuvorderst für die Bundesregierung, aber auch für die Opposition.
Wie erklären Sie es sich, dass Ihr Berufsstand immer wieder für solche Herabwürdigungen herhalten muss? Nach dem Streit ums Gebäudeenergiegesetz wurde auch schon Robert Habeck im Blaumann als Verlierer im Heizungskeller dargestellt.
Will man das positiv deuten, dann zeigt es, wie tief das Handwerk in der Gesellschaft und damit auch im Sprachgebrauch verankert ist. Aber dann bitte das Handwerk auch so darstellen, wie es heute tatsächlich ist: innovativ, digital, kreativ, modern. Doch was uns im Handwerk sogar mehr stört als veraltete Stereotypen, ist, wenn bei schlecht gemachten Gesetzen von „handwerklichen Fehlern“ gesprochen wird: Das sind politische oder juristische Fehler. Das Handwerk weiß um seine hervorragende Ausbildung und Arbeit.
Wie sehen Sie die Politik der Ampelkoalition rund um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
Die Bundesregierung hat ihren Meister nicht im Handwerk, sondern im Bundesverfassungsgericht gefunden. An Warnzeichen hat es im Vorfeld des Karlsruher Urteils nun wahrlich nicht gefehlt. Insofern ist das durchaus eine hausgemachte Krise, die jetzt für massive Verunsicherung gerade auch im Handwerk sorgt. Wir erwarten von der Regierung jetzt schnell politische Antworten und einen klaren Plan, wie es weitergeht. Beides habe ich am Dienstag im Deutschen Bundestag nicht wirklich gehört.
Was wünschen sich die Klempner im Land von der Bundesregierung?
Ich spreche für das gesamte Handwerk. Und da haben wir drei klare Botschaften an die Politik: Schafft endlich Klarheit, wie Deutschland die großen Aufgaben der Zukunft anpacken und finanzieren kann. Sorgt dafür, dass es weiter ein starkes Handwerk gibt und unsere Betriebe und Beschäftigten entlastet werden, denn ein starkes Handwerk ist unverzichtbar, wenn wir die Transformation Realität werden lassen wollen. Und drittens: Die Politik muss Investitionen in Zukunft und Modernisierung bei den Haushaltsdebatten absolute Priorität einräumen. Wie in jedem Handwerksbetrieb und jeder Familie muss man ehrlich bewerten, was man sich leisten kann: Zukunftsinvestitionen müssen Vorrang haben.
Wem würden Sie lieber ein Klempner-Praktikum anbieten – Olaf Scholz oder Friedrich Merz?
Beiden. Und gleich allen anderen Politikerinnen und Politikern auch: Denn ein Realitätscheck hat noch niemandem geschadet – und täte sicherlich der politischen Entscheidungsfindung und Gesetzgebung sehr gut.
Quelle: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
Bild: www.amh-online.de